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070 - TANZ - 1980 - Pina Bausch



Trailer »1980 - Ein Stück von Pina Bausch« from Tanztheater Wuppertal on Vimeo 







Von Dietmar Wolfgang Pritzlaff

1980 – EIN STÜCK VON PINA BAUSCH ist ein Tanzabend der ganz besonderen Art. Erst Mal ist es Pina Bausch längstes Werk, über dreieinhalb Stunden wird ein Fest der Sinne zelebriert.
Die Bühne ist bis auf die Brandmauern geleert, aber der Bühnenboden ist echter Rasen und das Gras duftet erdig durch das Opernhaus. Ein ausgestopftes Reh steht im Hintergrund und beäugt die Szenerie. Man ist geneigt still zu sein, um es nicht zu erschrecken. Ein Rasensprenger wird später das Gras befeuchten und eine Tänzerin davor tanzen.

In diesem Stück ist der „Kunstraum“ nicht die Bühne, sondern der Zuschauerraum und mit ihm die Zuschauer und die spielen an diesem Abend einige Male mit. Aber davon später mehr.

Wo sonst harte Absätze auf den Bühnenboden knallen, gehen die Tänzer und Tänzerinnen an diesem Abend raschelnd durch das weiche Gras. Einige werden Sonnenbaden oder picknicken. Es werden Spiele gespielt und – ja – auch getanzt. Eine Tänzerin wird an diesem Abend die einzigen Solis tanzen: Helena Pikon. Eine langjährige Bausch-Tänzerin.

Überhaupt gibt es ein Wiedersehen mit den „alten Pina-Hasen“, so z. B. Lutz Förster, Mechthild Grossmann, Nazareth Panadero, Barbara Kaufmann, Jean-Laurent Sasportes, oder Julie Shanahan und Julie Anne Stanzak u.v.a.

Das Stück beschäftigt sich in weiten Teilen mit Gebrechen und Einsamkeit, Tot und Trauer, Abschied und Neuanfang. Im Januar 1980 starb Pina Bauschs langjähriger Lebensgefährte Rolf Borzik. Er war es, der die Bühnenbilder und anfangs auch die Kostüme für alle Bausch-Stücke entwarf.

Das Stück 1980 ist eine Trauerbewältigung der anderen Art. Pina Bauschs ganz persönliche Trauerbewältigung und der Zuschauer begreift einmal mehr, dass auch er altert und dem Ende entgegen geht. Das Alter steht neben der Jugend. Ein alter Turner turnt am Barren und man hat um diesen Menschen regelrecht Sorge, dass er auch ohne Blessuren durch die Übung kommen mag.
Oder wenn sich der gealterte Tänzer Lutz Förster aussieht und nicht nur strammes Fleisch zeigt, wird jedem das Altern bewusst, aber nie lächerlich gemacht. Eher wird es in diesem Stück geehrt.

Demgegenüber stehen junge Tänzer und Tänzerinnen, die in Gruppentänzen alltägliche Gesten in Tanzbewegungen zu getragenen Musikstücken umsetzen. So wird ein zartes Tränenabwischen zu einem melancholischen Gruppentanz.

Es wird viel gesprochen in diesem Tanzabend. Ein Conférencier wird wie Pina Bausch in den Proben, den Tänzern und Tänzerinnen Fragen zu ganz persönlichen Dingen stellen und sie werden der Reihe nach antworten. Sie beschreiben mit 3 Worten ihr Herkunftsland und geben Auskunft über ihre ureigenen Ängste.
Sie werden auch ihre Operationen und Gebrechen „vorführen“, dies wird zu einer makabren Farce. Jeder will „besser“ sein, die größere, gefährlichere Operation hinter sich gebracht haben. Sie nehmen sich gegenseitig das Mikrofon aus der Hand und spielen sich in den Vordergrund. Jeder will mehr vernarbt oder kränker sein. Eine Meisterschaft des Absurden.

Auszug aus Pina Bauschs Fragen in den Proben (aus dem Programmheft von Raimund Hoghe):

Sieben Arten zu sagen „Mir geht es gut": Ich könnte fliegen / ich könnte Dir die Sterne vom Himmel holen / ich kann alles tun / ich hab' keine Angst / ich könnte platzen vor Freude / ich könnte alle umarmen / ich fühle mich ganz leicht / Wovor man am meisten Angst hat / Sehr krank zu sein und starke Schmerzen zu haben / jemand zu verlieren, den ich sehr gern habe / das ich etwas versäumt habe und ein anderer darunter leiden muss / jemand helfen zu können und es nicht zu tun / zu merken, nicht gelebt zu haben / Ein Anlass, sentimental·zu sein: Einen alten Freund wiederzusehen / Abschied zu nehmen / irgendein Teil aus der Kindheit wiederzufinden oder geschenkt zu bekommen / einen Film mit Marilyn Monroe zu sehen / wenn man telefonieren will und keiner da ist / Judy Garlands „0ver the rainbow“ / Dinge, die man tut, um etwas zu verdrängen / an etwas anderes nicht denken zu müssen: einen Film ansehen, putzen, arbeiten, irgend etwas auf der Schreibmaschine schreiben, aufräumen, lesen, telefonieren, mit Leuten sprechen / Gruppenfotos / Kessler-Zwillinge / Vereinsritual / ein sehr schöner Moment aus einem Märchen / Erinnerungsfotos / Was man normalerweise nur allein tut / Ehrungen / Verhalten von Bienen / Was ein anderer zu einem sagen soll / Kinderspiele / Selbstkritik / Momente aus Träumen / Etwas Gefährliches tun / Das ist wahnsinnig lustig / Trauern / Kindergebte / Misswahl / Sonnenbaden /Verbotenes / Andenken / Etwas weggeben / Wie Tiere geschlachtet werden / Wichtige Sachen, die eure Eltern für euch getan haben / Ein großer Wunsch, der erfüllbar ist / Was man jemand schon lange mal sagen wollte / Wie sich Tiere paaren / Fernweh / Entspannungshaltungen / Angst vor Kobra / Polaroidfotos / Weggehen verzögern / Ertappt werden / Geisterbahn / Pudding / Narben zeigen / Maße erfinden / Sich entziehen / Beschützt sein wollen / Lust machen, mitzukommen / Tiere im Dunkeln / Etwas schön finden wollen / Wettkämpfe / Jemand vertreiben / Nationalhymnen / Taufrituale / Mach mit mir, was du willst / Prost, prost Kameraden /Angst im Dunkeln

Die Tänzer und Tänzerinnen krempeln in diesem Stück ihr Innerstes nach Außen. Selten sind solche intimen Einblicke in Menschenleben auf der Bühne erlebbar. Die Tänzer und Tänzerinnen werden nach diesem Abend zu „alten Bekannten“, Freunden, ja Vertrauten. Sie wachsen mit ihren Charakteren ans Herz.

Das Programmheft beinhaltet viele Zeichnungen der Kostüme und Bühnenbildern von Rolf Borzik zu Bausch-Stücken, so z.B. KEUSCHHEITSLEGENDE oder TWO CIGARRETTES IN THE DARK. Eine Verneigung vor seinem Werk, welches leider mit dem Jahr 1980 endete.

In Pina Bauschs Stück werden Erinnerungen an die Kindheit zu getragenen Musikstücken ausgetauscht und Spiele gespielt. Es werden Kinderspiele von Erwachsenen gespielt. So z. B. von einer Frau und einem Mann: „Fischermann wie tief ist das Wasser?“

Vieles wird im Zuschauerraum ausgetragen. Die Zuschauer werden nicht nur Zeuge der Veranstaltung, sondern werden angespielt und angesprochen. Die Tänzer und Tänzerinnen erzählen im Publikum dem einzelnen Zuschauer ihre Geschichten. Von den schönsten Beinen, von Narben und Operationen über Kindheitserinnerungen an die Eltern und Erlebnisse mit den Eltern. Dazu wird Tee mit Milch und Zucker in die Reihen gereicht.

Ein Zauberer tritt auf und verzaubert die Damen und Herren nicht nur auf der Bühne.
Alltägliche Dinge werden zelebriert und ins Absurde gesteigert. So werden zum Beispiel erst nur einzelne Körperteile der Sonne dargeboten bis völlig Nackte der Sonne ausgesetzt sind. Oder Mann füttert sich selbst: „Ein Löffel für Mama, ein Löffel für Papa...“

Pina Bauschs Trauerarbeit ist oft absurd und makaber, aber gerade deshalb reizt es oft zum schmunzeln und lachen. 1980 ist anfangs bedrückend, still und leise. Erst im zweiten Teil wird es befreiend und erhellend. Und gerade die Teile mit Mechthild Grossman bringt das Publikum zum Lachen. Aus dem Dunkeln der Gedanken zieht es den Blick des Zuschauers immer wieder auf das frische Grün des Rasens. Eine Wohltat, eine Erholung nach der Anstrengung.

Anders als in Pina Bauschs ARIEN oder dem wenig gespieltem Trauerstück EIN TRAUERSPIEL, in denen die Grundstimmung eher deprimierende Grundfarbe im Gespielten und Getanzten überwiegt, ist 1980 erfrischend anders. Eine Einladung zum Leben mit einem Blick immer wieder auf ein Ende, mit allen Zwischentönen über das Altern bis zum Tod. Oftmals bleibt einem aber auch das Lachen einfach im Halse stecken.

Über dem ersten Teil scheint eine Grabesstille zu liegen. Einige Male wird eine Frau den Rollrasen aufrollen und ein Mann wird mit den Füßen der Frau die stelle „putzen“. Eine Grabstelle?
Der zweite Teil des Tanzabends ist ausgelassener und es scheint, als sei eine Gesellschaft zu einem Gartenfest mit Spielen, Musik und Turnen geladen zu sein.

Mit frenetischem Applaus und Standing Ovation für das Pina-Bausch-Ensemble wird der Tanzabend im Opernhaus Wuppertal zu Recht gefeiert.

Wer das Stück dieses Wochenende in Wuppertal verpasst hat kann noch eine begehrte Karte in Paris ergattern. 1980 – EIN STÜCK VON PINA BAUSCH wird im Théâtre de la Ville in Paris vom 20. Bis 30 April und vom 2. Bis 4 Mai 2012 noch gespielt. Genaue Daten siehe unten: Also nichts wie hin!

Dekoration:
grüne Graswiese (Rollrasen), ein ausgestopftes Reh steht auf der Wiese, ein Barren an dem ein älterer Herr am Barren turnt, ein Zauberer der kleine Zaubertricks aufführt, ein Harmominum an linker Seite, rechts und links große Scheinwerfer, eine Videokamera und ein TV-Gerät stehen vorne links, ein Mikrofon steht mitten auf der Bühne

1.Teil:

Ein Tänzer trägt Stuhl und eine Suppenschüssel, er setzt sich und sagt: „Ein Löffel für Mama, ein Löffel für Papa...“ / Polonaise-Gruppentanz durch das Publikum, Tanz mit Armen und Händen / fast einfarbige Abendkleider der Damen, die Herren tragen graue und schwarze Anzüge / Nazareth Panadero isst was auf einem Stuh und sagt zu sich selbst: „Happy Birthday to me“ / Frau steckt Feuerzeug an und bläst Flamme wieder aus = 6 Mal / Julie erzählt Geschichte (über Einsamkeit), sie feiert sich selbst zu Dritt:  „Me, myself and I“ / Lied: „Mamatschi, schenk mir ein Pferdchen...“, dazu lehnt sich eine Frau mit Bettzeug an die Wand / Frau auf den Schultern eines Mannes spielen Pferdchen und Reiter: „... und Galopp...“ / Nazareth geht in die 1te Reihe und raucht dabei / Lutz zieht einen Stöckelschuh an und humpelt über die Bühne / Lutz versucht zu liegen, aber die Decke zum zudecken ist zu kurz / Frau küsst den Rasen und sagt: „Dieses Stück Wiese ist 6 Küsse breit“ / eine Frau erzählt, wie Vater sie immer angezogen hat, ein Tänzer zieht die Tänzerin dabei an, Frau erzählt, wie Vater manchmal vergessen hat eine Unterhose der Tocher anzuziehen und das man so nicht auf die Straße gehen kann / „Dieses Stück Wiese ist 12 Küsse breit“ / Mann trägt Frau hinaus / Lutz und Mechthild tanzen Wiegeschritt ganz langsam, dabei spielt ein Klavierkonzert die ganze Zeit, dann tanzen alle Paare Wiegeschritt / alle stellen sich im Kreis auf, Mechthild singt ein Lied vom Ozean / Lutz legt sich schlafen unter eine Decke / 2 Männer stehen voreinander, die anderen in einer Reihe dahinter / Lutz steht vor der Gruppe, dann stellen sich alle vor eine Frau und starren sie an... / ein Mann aus der Gruppe riecht etwas und geht dem Geruch nach und sagt: „Ist da noch jemand?“ / alle verabschieden sich von der einzelnen Frau vor der Gruppe mit immer anderen Abschiedsreden, z. B.: „Bis zum nächsten Mal... schade, dass sie schon gehen müssen... Bleiben Sie doch noch 5 Minuten... Alles Gute, tschüss... Es wird schon alles gutgehen... Goodbye... Besuchen Sie uns bald wieder... Vielen Dank für alles... schön, dass sie da waren... bis bald... passen sie auf sich auf...“, die letzte Frau macht eine heftige Umarmung / Zauberkünstler zaubert Bälle aus den Händen einer Frau / Lutz zieht sich aus und Mechthild schminkt Lutz und zieht ihm eine Strumpfhose an und bemalt auch die Brustwarzen, wie eine Leichenbemalung, Lutz hält Hände vor seine Brust, Mechthild steckt Streichhölzer zwischen Lutz Zehen, steckt sie an und sagt: „Happy birthday to you“, das macht Lutz später nochmals alleine für sich: „Happy birthday to me“ / Mann legt sich als Brett zwischen 2 Stühlen / eine Frau küsst einem Mann Lippenstiftküsse über das ganze Gesicht / alle hacken auf Tellern Zwiebeln und halten sich den Teller unters Gesicht, damit sie weinen / Mann zieht Kleid an / Mechthild singt wieder Ozeanlied / alle sagen ins Publikum ein nicht fröhliches, eher gelangweiltes: „Happy birthday“ / auf einer kleinen Leinwand werden Dias gezeigt / Gruppentanz mit Tränenwischbewegung / Julie Shanahan völlig überdreht, trägt einen Haufen Bücher über die Bühne / Julie hält einen Vortrag in englisch, Julies großes Solo / Ängste = unter dem Bett schauen / Mechthild = nie allein im Dunken, dafür eine geknallt gekriegt, weil sie die Tür immer wieder aufmacht um Licht herein zu lassen / alle erzählen über ihre Ängste / Nazareth schaukelt einen Mann auf Schoß in den Schlaf zu dem Lied: „Guten Abend, gute Nacht, mit Rosen bedacht...“, später zieht sie ihm die Hose runter und haut locker auf jede Pobacke / Frau läuft im Kreis und ruft: „Ich bin müde, ich bin müde...“ und schwingt ein weißes Tuch, sie sagt es immer wieder bis sie kaum noch vor Erschöpfung kann, ein Mann kommt, trägt die Frau und sie ruft wieder und winkt mit weißem Tuch, bis beide nicht mehr können / alle sitzen im Kreis und spielen DER PLUMSSACK GEHT UM, ein Tuch wird hinter einem Rücken fallen gelassen, der Tuchwerfer läuft weg, der andere muss ihn kriegen oder ist jetzt dran / Frau rollt Rasen auf, Mann nimmt Frau (wie tot, nach hinten gebeugt) und wischt mit ihren Füßen den Boden / Mechthild und Lutz, Lutz legt sich auf ein Fell auf die Wiese, Lutz zieht sich aus, Mechthild macht Fotos von Lutz mit Rassel / Nazareth spielt auf einem Tisch „kleine Flamenco-Tänzerin“ / Mechthild spielt Spanner in Lederjacke und reißt diese vor dem Publikum auf / Mann fällt mit Stuhl nach hinten um / 2 Männer und Mechthild sagt: „Ich weiß von nix“ / Mann mit Strumpf auf dem Kopf tanzt / Mann raucht und läuft schnell unter seinem eigenen Rauch her / Mechthild sagt in Lederjacke: „Ist der Rasen nicht schön grün? Herrlich. Toller Laden hier. Herrlich... usw.“ / Lutz wird von einigen hübsch fertig gemacht und in einen Anzug gesteckt / Lutz spielt Confronciere / Mechthild und Lutz unter einer Decke / der Suppenschüsselmann sitz wieder auf einem Stuhl / Mechthild sagt: „Als ich reinkam, war alles gelaufen.“ / Bühnenarbeiter tragen Klavier hinter Suppenmann in die Mitte der Bühne, Mann spielt Harmonium / Frau rollt rotes Kissen auf, steht auf der anderen Seite drauf, zieht an dem Zipfel und sagt: „Ich will nach Hause“ / Mann bindet um Nasenspitze Bindfaden und zieht damit die Nasenspitze hin und sagt: „Guck mal“ / Männer werfen eine Frau in die Luft / Mann spielt mit einer Frau Flugzeug / Frau springt einen Mann an und er trägt sie weg / Mechthild singt das Ozeanlied, das Licht wird immer dunkler, Mechthild hört von überall von den anderen ihren Namen geflüstert: „Mechthild... Mechthild...“ / Mechthild und Lutz tanzen Wiegeschritt / Frau zeichnet in die Luft ihren eigenen Körper nach / immer 4 schreiten nach vorne, verbeugen sich und gehen wieder nach hinten, die anderen haben Angst und schreien das hinaus, dazu spielt das Lied „Somewhere over the rainbow“, ein Mal von der jungen Judy Garland und ein Mal als Live-Version von der alten Judy Garland / Lutz bettet sich auf Decken und lässt nur den Hintern von der Sonne bescheinen / alle bräunen sich Einzelteile des Körpers oder in fast unmöglichen Stellungen und Positionen, auf einem Tisch oder Stuhl / Gruppentanz = Arm + Hände / Lutz verteilt Tee links ins Publikum, Helena Pikon rechts, Nazareth als Dame sitzt vor dem Zauberer und bekommt gezaubert / Mann und Frau spielen WER HAT ANGST VOR DEM SCHWARZEN MANN / Mann macht Video von der Zauberei, man sieht es auf dem TV / Gruppentanz = Arm + Hände / Mann und Frau spielen FISCHERMANN WIE TIEF IST DAS WASSER? / Lutz kommt und sagt ins Mikrofon: „PAUSE“

2.Teil:

Mann tritt auf und schaut sich um, und nickt den anderen zu, dass sie folgen / alle Herren lassen Hosen runter, Mechthild schreitet die Hosenlosen ab / Lutz holt alle Frauen mit Namen auf die Bühne und sagt: „aus Frankreich: Helena Pikon, Helena lächeln, umdrehen, danke und ein kleines Winke Winke ins Publikum“, Helena macht das, dann folgen alle Frauen, sie werden der Reihe nach vorgestellt, aus Spanien: Nazareth Panadero, aus Australien: Julie Shanahan... usw. / alle Frauen stehen an Bühnenrand, ein Mann schüttet jeder Frau Wasser ins Gesicht, alles zucken und verhalten sich ganz privat, mit ihrer eigenen Geste / ein anderer Mann lässt alle Frauen einzelnen in die Luft springen / Lutz sagt: „Könnt ihr etwas Bein zeigen?“ und alle Frauen zeigen ein Bein, Männer drängeln sich zwischen die Frauen, krempeln ihre Hosenbeine hoch und zeigen auch Bein, alle wollen das beste Bein haben und zeigen / Mechthild lässt alle einzeln aufsagen: „Der Cottbusser Postkutscher putzt den Cottbusser Postkutschkasten“ / Lutz fragt: „Was haltet ihr von Dinosauriern?“ – Antworten = ... sie haben doch keinem Menschen was getan... sind ausgestorben... die Armen Kleinen... waren sehr groß und alles Pflanzenfresser... / alle drängeln sich vor das Mikro und zeigen Beine, ein Mann zieht sie weg und stellt sie woanders auf die Bühne wieder hin / Lutz schreit: „UMDREHEN, LANGSAM... Wovor haben Sie Angst?“ = Lächerlich machen von ureigenen Ängsten / Mann macht von den „Ängstlichen“ in einer Reihe Fotos / Lutz fragt nach 3 Worten zur Beschreibung des Heimatlandes eines jeden Tänzers, Antwort Mechthild: „Adenauer, Schopenhauer, Beckenbauer“, Antwort Nazareth: „Flamenco, Madrid, Stierkampf“ / Gruppentanz = Arm + Hände / Bühnenarbeiter bringen einen Barren in die Mitte und ein älterer Herr turnt am Barren / ein Rasensprenger versprüht Wasser und Helena Pikon tanzt mit dem Strahl / der Barren wird wieder an die Seite gestellt, alle stellen sich darum herum und man sieht den Turner gar nicht mehr richtig, alle klatschen Applaus / Frau sagt: „Was soll ich bloß machen?“ / einige erzählen aus ihrem Leben Geschichten / Frau fragt: „Soll ich Mutter sein?“ / Frau wäscht sich im Regenschirm die Haare (tut nur so) / Scheinwerfer machen Streifenlicht auf den Rasen / Mechthild ruft jemanden aus dem Publikum ihr zu folgen, aber niemand geht ihr nach: „Ich bin ganz allein, ganz ohne Hilfe... wenn jetzt jemand kommt...“ – und will eigentlich, dass jemand kommt / 2 Männer „flattern“ über den Rasen / Mann spielt Harmonium, Lied: „Junge, komm bald wieder“, alle entspannen sich, massieren sich gegenseitig die Füße, Füße baumeln lassen, unterhalten sich auf der Wiese verteilt / Lied: „In der kleinen Konditorei...“ / alle genießen die Stille, die Gesellschaft, den Rasen / Mann fragt: Wieviele Narben habt ihr und wo? – Teilnehmerin 1 – hat Mann verloren – Nr . 2 – hat Prügel bekommen, Mann ist blind – bitte Applaus für Nr. 2 – Applausometer, alle Frauen kriegen Pokale für ihre Leiden / Stehgeiger spielt dazu, wie im Park oder in einem großen Garten, überall sind Leute und machen etwas / Frau rollt wieder Rasen auf, Mann putzt mit ihr die Bühne / ein Angler angelt einen Arm eines Mannes, der lässt die Hand zappeln wie einen Fisch / Helena tanzt zart zu Spinettmusik, alle klatschen und singen: LA-LA-LA / alle setzen sich im Kreis, singen LA-LA-LA und klatschen dazu ryhtmisch / Mechthild nimmt Wackelpudding auf Teller, wackelt mit dem Pudding und einer ihrer Brüste / Wackelpuddingartistik von mehreren, von einem Teller zum anderen etc. / Mechthild und Lutz tanzen mit Orange zwischen sich (wie Ballontanz) / Julie saugt aus 10 McDonald-Bechern / alles sieht aus wie ein ausgelassenes Gartenfest / Mechthild und Lutz setzen sich zu Tisch und genießen Tee / Mechthild wird dabei von ganz Nahem von Mann mit Strumpfhose beobachtet / Lutz und Mechthild sagen: „Oh, dear“ und gehen ab / eine Bühne wird von Bühnenarbeitern auf die Bühne gestellt und Julie Shanahan stellt sich auf die Bühne / Zauberer zaubert mit einem Tuch / Lutz spricht eine Rede über – zu – auf – einen Stuhl der vor ihm steht: „Oh, du schöner Stuhl, bist kein Hocker, nein, du hast eine Lehne...“ / Mechthild lacht, alle lachen plötzlich, dann fangen alle wieder von vorne an etwas zu machen, bis wieder Mechthild lacht und alle mitlachen / Versteckspiel von allen / Mechthild unterbricht immer wieder mit Lachen / Helena Pikon als Bunny im Playboy-Bunny-Kostüm / Lutz macht clownesk (früher Dominique) / Gruppentanz = Beinschleudern, einer sagt immer: „Ich komme“ (wie beim Versteckspiel) und alle verstecken sich, dann kommen wieder alle herbei und machen den Tanz weiter mit einer anderen Geste die alle wieder aufnehmen und sofort / Mechthild singt wieder: „Jeden Tag fährt das Schiff über den Ozean und das Glück ist mit an Bord“ / Helena tanzt im Halbkreis der Damen und Herren / alle stehen in einer Reihe – 2 Männer schauen sich an vor der Reihe = gestellte Formationen / Frau sagt: „Dieses Stück Wiese ist 6 Küsse breit“, alle sehen Frau an / Licht aus... / ENDE

 

Inszenierung und Choreographie Pina Bausch
Bühne Peter Pabst
Kostüme Marion Cito
Dramaturgie Raimund Hoghe
Mitarbeit Hans Pop, Klaus Morgenstern
Dauer 3h 35min

Anne Marie Benati, Lutz Förster, Mechthild Großmann, Hans Dieter Knebel, Ed Kortlandt, Mari DiLena, Beatrice Libonati, Anne Martin, Jan Minarik, Vivienne Newport, Nazareth Panadero, Isabel Ribas Serra, Arthur Rosenfeld, Monika Sagon, Jean-Laurent Sasportes, Janusz Subicz, Meryl Tankard, Heide Tegeder


Zauberer Ralf John Ernesto

Violine Arthur Sockel

Turner am Barren Max Walther
Musik John Dowland, John Wilson, Ludwig van Beethoven, Claude Debussy, Johannes Brahms, Edward Elgar, Francis Lai, Benny Goodman, Comedian Harmonists
Uraufführung 18. Mai 1980, Schauspielhaus Wuppertal
Gastspiele/Tourneen
1981 Köln, Avignon 1982 Wien, Rom, Melbourne, Adelaide, London 1983 Mailand, Venedig, Hamburg, Stuttgart 1984 Amerika-Tournee: Los Angeles, New York, Toronto; Stockholm 1985 Venedig, Barcelona 1986 Lyon 1987 DDR-Tournee: Ost-Berlin, Gera, Cottbus, Dresden 1988 Tel Aviv 1988 Reggio, Cremona, Bologna, Modena 1989 Paris 1992 München, Straßburg 1993 Japan-Tournee: Tokyo, Osaka, Kyoto, Hong Kong 1994 Lissabon 2001 Athen

Infos zu den Pina Bausch-Stücken auf:
https://www.pina-bausch.de/de/

Infos/Fotos zu dem Stück 1980 – Ein Stück von Pina Bausch:
https://www.pina-bausch.de/de/stuecke/detail/1980-ein-stueck-von-pina-bausch




eingestellt am: 08.04.2012